Teilnehmerrekord bei 5. DFV-Bundesfachkongress

Praxisorientierte Vorträge: 180 Personen bei Kongress mit Fachforum IF Star

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Berlin – „In der Feuerwehr kann jeder Mensch einen Platz finden; lediglich der Wille zur Umsetzung ist notwendig, um diese Bewerber willkommen zu heißen!“, appellierte Ralf Ackermann, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), beim 5. Bundesfachkongress in Berlin an die Teilnehmenden. Zuvor hatte Kirsten Bruhn, Paralympic-Siegerin 2012, in ihrem Impuls Denkanstöße zum Thema Inklusion gegeben: „Du kannst mehr, als du denkst!“ lautete der Titel ihres persönlichen Berichtes zu Möglichkeiten der Inklusion auch in der Feuerwehr.

Das „kleine Jubiläum“ der Fachveranstaltung wartete mit einem neuen Teilnehmerrekord auf: 180 Personen informierten sich in vier Modulen über wichtige Themen wie Brandschutz mit eingeschränkten Personen, die Gestaltung des Übergangs von der Jugendfeuerwehr in die Einsatzabteilung, die Herausforderungen des Digitalfunks sowie Inklusion. Im Rahmen des Bundesfachkongresses fand zudem das 3. Fachforum IF Star des Verbandes öffentlicher Versicherer statt. Hier stand der Austausch über die neuesten Ideen zur Schadenverhütung im Mittelpunkt.

Digitalfunk: aktuelle Herausforderungen, Erfahrungen & weitere Nutzung

Der Netzaufbau des Digitalfunks konnte 2014 nach siebenjähriger Vorbereitung abgeschlossen werden: Uwe Stöhr (Referatsleiter BI3 BDBOS) erläuterte im Modul „Digitalfunk – Erfahrungen und Ausblick“, dass damit die Vorarbeit deutlich länger als geplant dauerte. Die aktuellen Herausforderungen sind Redundanz und Verlässlichkeit der Objektversorgung des digitalen Funkbetriebs sowie die Weiterentwicklung der Basisdienste. Von der „Autorisierten Stelle“ für Hessen konnte Tobias Herr eindrucksvoll über den „Digitalfunk in der Lage“ anlässlich der Eröffnung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt/Main (Punktueller Einsatz innerhalb einer Hochhausschlucht) berichten. Angesichts der länderübergreifenden technischen und personellen Unterstützung zum Staats- und Regierungschef-Gipfel in Elmau resümierte der Referent: „Derartige Großeinsätze erfordern die bundesweite Zusammenarbeit.“

Über den Sprechfunk hinausgehende Nutzungsmöglichkeiten des digitalen Funknetzes bereiten derzeit Bayern und Hessen vor. Dort soll die Alarmierung implementiert werden und die analoge 5-Ton-Folge ablösen. Dieser Datenkanal ist dabei keineswegs eine Einbahnstraße, denn erstmalig können aktiv Rückmeldungen gegeben werden, wie Thomas Bauer von der Koordinierungsstelle Digitalfunk im Hessischen Innenministerium zu berichten wusste. Einsatzkräfte können zukünftig eine Statusmeldung übermitteln – eine hilfreiche Information für die Gesamtplanung eines Einsatzes. DFV-Vizepräsident Ludwig Geiger fasste den Themenblock Digitalfunk zusammen: „Die digitale Technik ist zukunftsweisend, insbesondere die aktive Rückmeldung ist ein Novum an Möglichkeiten.“

Brandschutz: Vorgaben, aktuelle Probleme, kundenorientierte Planung

Ein weiteres Modul befasste sich mit dem „Brandschutz für Menschen mit besonderen Bedürfnissen“. Bernd Pawelke von der Lebenshilfe aus Nürnberg lieferte einen Überblick zu den gesetzlichen Vorgaben und Richtlinien, denen Einrichtungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen unterliegen. Daran angeschlossen äußerte er sich auch zur Organisation der Brandschutzaufklärung in Unternehmen im arbeitsrechtlichen Sinn und der Einbindung der Feuerwehren vor Ort.

Aspekte der Brandschutzerziehung und -aufklärung lieferte Frieder Kircher, Fachbereichsleiter des gleichnamigen DFV/vfdb-Ausschusses. Er nahm zudem die aktuelle Flüchtlingsthematik in seinen Vortrag auf: Welchen Problemen stehen wir gegenüber und, viel wichtiger, wie können wir sie lösen? Björn Maiworm von der Branddirektion München berichtete von seinen Erfahrungen in der Gefahrenabwehrplanung und im baulichen Brandschutz, wo man seiner Auffassung nach immer „kundenorientiert“ sei. Die Feuerwehr und damit auch der Vorbeugende Brandschutz habe es insgesamt mit drei „Kunden“ zu tun: Dem Bürger, den Feuerwehreinsatzkräften selbst und schließlich Architekten und Bauingenieuren. Mit allen Gruppen sei es wichtig, Wege zu finden und aufzuzeigen, aber auch Grenzen zu setzen.

Übertritt: Risiken, Chancen, Erfahrungen und Mentoren

Der „Übertritt aus der Jugendfeuerwehr in den Einsatzdienst“ stieß auf sehr großes Interesse der Teilnehmenden. Thomas Häfele, Landesjugendleiter aus Baden-Württemberg, stellte das Projekt „17 ½“ vor. Im Zeitraum von 2007 bis 2009 hatte die dortige Landesjugendfeuerwehr Fakten zusammengetragen, die Risiken aber auch Chancen im Übergangsprozess von der Jugendfeuerwehr in den aktiven Feuerwehrdienst darstellen.

Erfahrungsberichte aus den bayerischen Feuerwehren, die bereits 16 und 17- jährige Jugendfeuerwehrangehörige in den Einsatzdienst einbinden, brachte Mathias Weigl (Jugendfeuerwehr Bayern) mit. Er berichtete über Rahmenbedingungen, Grenzen und Chancen.

Richard Dewitz, Mentor im Rahmen des Projektes „Feuerwehrensache“, ein Gemeinschaftsprojekt des Landesinnenministeriums und des Verbands der Feuerwehren in NRW, berichtete von seinen Erfahrungen. Er steht dauerhaft einem Jugendlichen aus der Jugendfeuerwehr zur Seite, der sich derzeit in der Übertritts-Phase befindet.

Inklusion: Fähigkeiten definieren, Menschen vielfältig einsetzen

Sind Inklusion und Feuerwehrdienst miteinander vereinbar? Im Modul „Inklusion und Feuerwehr: Barrieren aus dem Weg räumen“ schilderte Markus Hanl seine ganz persönlichen Erfahrungen. Trotz des Fehlens einer Hand ist er aktiver Feuerwehrangehöriger in Schleswig-Holstein und nimmt nahezu uneingeschränkt am Übungs- und Einsatzgeschehen seiner Feuerwehr teil – inklusive der Tätigkeit als Gruppenführer und Maschinist. Wichtig ist für ihn die Definierung der individuellen Fähig- und Möglichkeiten von mit Einschränkungen lebenden Menschen im Feuerwehrdienst.

Dass ein solches Eignungs- und Kompetenzprofil vor Aufnahme in die Feuerwehr stehen muss, bestätigte auch Kathrin Weis von der Unfallkasse Hessen, die aus Sicht des Versicherers berichtete. Sie führte aus, dass die Feuerwehr-Gesetze den Einsatz geistig oder körperlich Eingeschränkter nicht ausschließen. Die Einsetzbarkeit des einzelnen Menschen sei sehr vielfältig; die Definition des Aufgabenbereiches eines Bewerbers müsse durch die jeweilige Wehrführung vorgenommen werden. Wer sich innerhalb des Gefahrenbereichs nicht mehr selbst retten könnte, könne und dürfe aber abseits dessen wichtige Tätigkeiten wahrnehmen.

Heiko Fischer aus Erxleben stellte dar, wie Grenzen bewältigbar werden: Seit 20 Jahren ist eine „Löschgruppe der Förderschule“ mit geistig behinderten Jugendlichen des Ortes in den Feuerwehrdienst integriert. Sogar eine gemeinsam durchgeführte Löschangriffsübung einer gemischten Gruppe war bereits möglich. DFV-Vizepräsident Hermann Schreck empfahl abschließend, bei Bewerbern für den Feuerwehrdienst die Frage „Wie können wir Lösungen finden?“ zu stellen, nicht aber „Was ist alles nicht möglich?“.

Fachforum IF Star: Innovationen auf eigenen Alltag übertragen

Multifunktions-Übungstür, Ausbildungskonzept, mobile Staustelle, Transport der Tragkraftspritze, Vorbeugender Brandschutz und Löschwasserkonzept: Die im Fachforum vorgestellten Projekte waren alle mit dem IF Star 2014 ausgezeichnet worden. Der Preis soll durch Übernahme und Weiterentwicklung der Konzepte durch andere Feuerwehren dazu beitragen, Innovationen im Feuerwehrwesen zu fördern. „Das Forum ist eine gute Plattform, um sich über schadenmindernde und schadenverhindernde Techniken zu informieren und diese auf den eigenen Alltag zu übertragen“, erklärte Thomas Vorholt, Vorstandsmitglied der VGH Versicherungen.

„Wir haben viele Denkanstöße erhalten – aus der Praxis, für die Praxis!“, lobte DFV-Vizepräsident Hartmut Ziebs zum Abschluss der Veranstaltung. Ziebs dankte herzlich für die Bereitschaft zur Mitarbeit sowie Teilnahme und resümierte: „Wir werden den Brandschutz in Deutschland an die älter werdende Gesellschaft anpassen müssen. In diesem Zusammenhang können wir uns auch nicht dem Thema Inklusion verschließen.“ Auch die technischen Weiterentwicklungen wie der Digitalfunk bleiben spannende Beiträge im Feuerwehrwesen.

Die Präsentationen des Bundesfachkongresses und des Fachforums IF Star

Quelle: DFV-Presseinformation Nr. 41/2015 vom 16. September 2015